Lebensfreude, seelische Gesundheit, ganzheitliche Gesundheit, Glück, Sinn, Erfüllung … lassen wir diese Begriffe, wie an einer Perlenschnur aneinander gereiht, vor unserem geistigen Auge an uns vorbeiziehen, so fällt auf, dass sie alle irgendwie miteinander zu tun haben, sich in ihren Bedeutungen überlappen und ein Begriff schnell zum andern führt …
… ein zweiter, genauerer Blick dagegen zeigt, dass die einzelnen Begriffe teilweise ‒ über ihre unterschiedlichen Bedeutungen hinaus ‒ sogar aus ganz verschiedenen Bereichen kommen, in ihrer Relevanz völlig unterschiedlich bewertet werden und nicht einmal etwas miteinander zu tun haben müssen.
Inhaltsverzeichnis
Was bedeutet “seelische Gesundheit”?
Nehmen wir den Begriff der “seelischen Gesundheit”. Und sehen wir einmal davon ab, dass sich bereits in der Definition dieses Begriffs ‒ von einem schulmedizinischen “gesund = nicht krank” über die ganzheitliche Definition der WHO bis hin zu Konzepten wie der Salutogenese von Antonowsky ‒ Welten trennen (siehe #2 Welche Bedeutung hat die seelische Gesundheit – als Bestandteil der holistischen Gesundheit – für ein glückliches und erfülltes Leben?).
So unterschiedlich diese eher theoretischen und konzeptionellen Auffassungen auch sein mögen, für die meisten von uns bedeutet seelische Gesundheit etwas Selbstverständliches und Unmittelbares. Seelische Gesundheit steht zunächst für unser alltägliches und normales persönliches Befinden, für unseren “psychischen Systemzustand”, in welchem wir die vielen eher undramatischen Dinge des täglichen Lebens erledigen. Seelisch gesund sein erleben wir als ein: sich okay fühlen, im Lebensalltag funktionieren und mehr oder weniger zufrieden zu sein. Viele von uns nehmen ihre seelische Gesundheit als “default mode” nicht nur selbstverständlich, sondern sogar relativ gleichgültig zur Kenntnis, wovon die von Tatjana Schnell untersuchte “existenzielle Indifferenz” und ihre erstaunlich hohe Verbreitung in den westlichen Industrieländern eine deutliche Sprache spricht (#1 Wohlbefinden, Hedonismus, Lebenssinn, oder …? Was brauchen wir wirklich für ein glückliches, sinnvolles und erfülltes Leben?).
Diese im Alltag erlebte Standard-Befindlichkeit hat erst einmal mit der hohen Qualität von “Erfüllung, Lebenssinn und Lebensglück” etc. nicht viel zu tun. Aber auch hier ‒ bleiben wir einen Moment bei diesem vergleichsweise hohen Level eines “guten bis glücklichen, erfüllten Lebens” ‒ zeigen sich sehr unterschiedliche Auffassungen, auch hier trennen sich gleich Welten:
- Einerseits ziehen Begriffe wie Glück, Sinn, Erfüllung etc. einen gewissen Schleier von “nice to have, privat (und zwar nur privat), romantisch, belächelt, Stoff zum Träumen, nicht ganz von dieser realen Welt etc.” hinter sich her. Als wären hier die protestantische Arbeitsethik und der zeitgemäße Turbokapitalismus ein Zweckbündnis eingegangen und hätten diese Begriffe (vor allem: ihre Inhalte!) ein für allemal aus dem “wirklichen” Leben herausgekickt und mit einem milden Lächeln im musealen Bereich “Philosophie” entsorgt. Glück? Bist du noch am glücklich werden wollen oder schon in der “Realität” angekommen?
- Auf der anderen Seite erleben genau diese Begriffe eine zunehmende Renaissance und Wiederentdeckung ihrer Bedeutung und Wichtigkeit. Beispielsweise hat sich die Depression, abseits ihrer klinischen Form als diagnostizierbare psychische Krankheit, zu einer sehr realen Volkskrankheit entwickelt. Und dass eine chronisch deprimierte Lebensstimmung einiges mit (dem Fehlen von) Glück, Sinn und Erfüllung zu tun hat, dürfte sich auch dem Nichtmediziner sofort erschließen. Ebenso wie die Bedeutung von Lebensfreude, Gesundheit, Glück, Sinn und Erfüllung für
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- den Zustand und die Stärkung der persönlichen (Stress-)Resilienz,
- den Aufbau eigener Ressourcen und Problemlösefähigkeiten
- sowie – und das ist ein Thema von unumstrittener Top-Relevanz – den Erhalt und Schutz der eigenen Gesundheit.
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Wie hängen Glück, Sinn, Erfüllung und seelische Gesundheit zusammen?
Wie aber hängen nun alle diese Aspekte und Bedeutungen, alle diese Perlen aus unserem Bild der Perlenkette zusammen?
Wohlbefinden
Angenommen, wir würden alle diese “Perlen”, d.h. alle Inhalte, Begriffe und Bausteine der Bereiche “Glück, Sinn und Erfüllung” (#1) und “Seelische Gesundheit” (#2) noch einmal auf einen Haufen legen. Und dazu noch alle Themen aus den Bereichen der persönlichen Identität (#7), der Ressourcen des persönlichen Wachstums (#8) sowie der praktischen Ansätze in Psychologie und Therapie zur Persönlichkeitsentwicklung (#4).
Und angenommen, wir würden diesen großen, vielschichtigen, jedoch ziemlich vollständigen Haufen noch einmal neu aufräumen, indem wir alle Begriffe nach den wichtigsten relevanten Einzelthemen sortieren, …
… dann würde sich unter den vielen Modellen, Bausteine- und Säulen-Listen, die zur Übersicht über dieses komplexe Thema im Umlauf sind, ein Modell anbieten, das wie kaum ein anderes geeignet ist, unseren barock anmutenden Perlenhaufen in eine einfache, klare Struktur zu bringen: nämlich das 1989 veröffentlichte Modell “Psychologisches Wohlbefinden” der amerikanischen Psychologin Carol Ryff.
Mit diesem zentralen und wissenschaftlich gut erforschten Konzept der Positiven Psychologie stellte Carol Ryff 6 wesentliche Dimensionen des psychischen bzw. psychologischen Wohlbefindens zusammen. Ihr Modell steht dem Konzept des “Eudämonischen Glücks/Werteglücks” aus der Glücksforschung nahe, beschreibt aber vor allem die wesentlichen Komponenten der “psychischen Leistungsfähigkeit”. Damit ist kein zweckgerichtetes “gutes Funktionieren” gemeint, sondern das volle Ausschöpfen der eigenen Lebendigkeit im Sinne einer umfassenden Selbstverwirklichung. Die möglichst weitgehende Realisierung des eigenen Potenzials also, wie sie ähnlich auch Carl Rogers mit den Begriffen der „Selbstaktualisierung“ und der “fully functioning person” beschrieben und wie sie bereits 1946 die WHO als Liebes-, Arbeits- und Genussfähigkeit in ihre Definition von Gesundheit aufgenommen hatte.
Nach Carol Ryff basiert das psychische Wohlbefinden auf den folgenden 6 Bausteinen:
- Sich selbst akzeptieren, eine positive Grundeinstellung sich selbst gegenüber
- Warme, vertrauensvolle Beziehungen mit anderen, Empathiefähigkeit, Bindungsfähigkeit
- Autonomie, Selbstbestimmtheit, eigene Werte als Kompass des eigenen Verhaltens
- Selbstwirksamkeit, die aktive Gestaltung der persönlichen Lebensumstände, Bewältigung von Alltagsanforderungen
- Sinn im Leben, relevante persönliche Ziele, ein klares Verständnis des eigenen Lebenssinns
- Persönliches Wachstum, kontinuierliche persönliche Entwicklung, Offenheit für neue Erfahrungen, Selbstaktualisierung
In Carol Ryffs Modell des psychischen bzw. psychologischen Wohlbefindens können wir unseren “Perlenhaufen” komplett einsortieren. Es fehlen auf den ersten Blick noch einige wichtige Begriffe aus den anderen Ansätzen. Allerdings sind diese, wenn auch nicht explizit aufgeführt, in der Zusammenstellung von Ryff thematisch und implizit durchaus enthalten. Ergänzen wir nun diese noch fehlenden Punkte, indem wir einzelne Bausteine der Ryff-Liste entsprechend ausdifferenzieren, erhalten wir ‒ nun “frei nach Carol Ryff” ‒ die folgende Liste (die ergänzten Punkte in rot):
Bausteine des Wohlbefindens
- Sich selbst akzeptieren, eine positive Grundeinstellung sich selbst gegenüber
- Warme, vertrauensvolle Beziehungen mit anderen, Empathiefähigkeit, Bindungsfähigkeit
- Autonomie, Selbstbestimmtheit, eigene Werte als Kompass des eigenen Verhaltens
- Selbstwirksamkeit, die aktive Gestaltung der persönlichen Lebensumstände, Bewältigung von Alltagsanforderungen, Selbstwert
- Sinn im Leben, relevante persönliche Ziele, ein klares Verständnis des eigenen Lebenssinns,
Stimmigkeit, Schlüssigkeit - Persönliches Wachstum, kontinuierliche persönliche Entwicklung
– Einstellungen: Offenheit für neue Erfahrungen, Optimismus, Humor
– Fähigkeiten: z. B. Selbststeuerung, Emotionssteuerung, Problembewältigung
– Selbstentwicklung und Wachstum:
‒ Bewusstsein, Achtsamkeit, Präsenz im Alltag
‒ Selbstkenntnis, Authentizität, Selbstverwirklichung
‒ Resilienz, Gelassenheit, Weisheit
Diese 6 Bausteine korrespondieren nun vollständig mit praktisch allen bedeutenden Ansätzen zur Verwirklichung von Glück, Sinn, Erfüllung und ganzheitlicher Gesundheit wie z. B. der Salutogenese, der Positiven Psychologie, der Humanistischen Psychologie (Rogers, Maslow), dem systemischen Denken etc.
Die 4 ersten Punkte sind sofort als die Dauerbrenner praktisch aller Ansätze zu erkennen. Punkte 5 und 6 im Prinzip ebenso, jedoch werden diese, vor allem Punkt 6, von den Inhalten der anderen Ansätze stärker ausdifferenziert und auch betont. So liegt in dieser erweiterten Liste ein deutlicher Fokus auf Punkt 6 “Persönliches Wachstum” und zwar im Sinne einer bewusst angenommenen Verantwortung
- für die eigene ganzheitliche Entwicklung,
- für eine bewusste und reflektierte Selbst- und Lebensführung
- mit allem, was an einzelnen (ggf. zu entdeckenden) Aspekten, (ggf. zu verändernden) Einstellungen und (ggf. zu entwickelnden) Fähigkeiten dazu gehört.
Der Schlüssel zu unserer Frage, wie seelische Gesundheit mit Glück, Sinn und Erfüllung sowie all den anderen genannten “Perlen” zusammenhängt, liegt genau in dem Begriff, auf den sich diese umfassende Baustein-Liste bezieht: dem Begriff des “Wohlbefindens”. Aus welchem Grund?
Schlüsselqualität “Wohlbefinden”
“Wohlbefinden” bezeichnet zwar klar und eindeutig eine positive “Befindlichkeit”, die ungetrübte positive Qualität eines persönlichen und subjektiven Zustands, lässt jedoch dahinter ein weites Spektrum offen, einen Range von fließend ineinander übergehenden Intensitäten und Bedeutungstiefen, wie die folgenden Beispiele für “Wohlbefinden” zeigen:
- Eis essende Kinder im Sommer, gekrault werden, sich über die Frühjahrssonne freuen, faulenzen, ausschlafen, sich “grundlos” wohlfühlen
- gesund sein, keine Beschwerden haben, nach einer Krise oder Krankheit das Leben neu genießen, sich uneingeschränkt und intensiv seines Lebens erfreuen
- Meditation, Verliebtheit, die ekstatischen Glücksmomente im Extremsport, Bad in der Menge, das Glück des Helfens und des Altruismus
- auf ein glückliches und erfülltes Leben zurückblicken, das Glück des Verliebtseins, das Glück einer lebenslangen und gelungenen Liebesbeziehung, im Lebenswerk den Lebenssinn spüren
“Wohlbefinden” ist die Schlüsselqualität, die allen Beispielen gemeinsam ist. Sortieren wir die Beispiele nun auf einer „Achse des Wohlbefindens“ nach ihren Intensitäten und Zusammenhängen ein, erhalten wir auf dieser Achse die folgenden Abschnitte:
- die Beispiele 1 stehen für ein einfaches, müheloses, situatives, organismisches Wohlbefinden, meist infolge einer Bedürfnisbefriedigung
- die Beispiele 2 umfassen den Erlebensbereich der seelischen Gesundheit vom minimalistischen “keine Beschwerden haben” bis zum intensiven positiven Lebensgenuss
- die Beispiele 3 und 4 stehen für ein “Wohlbefinden”, das in seinen Bezügen, seiner Intensität, seiner Bedeutsamkeit für das eigene Leben auf dem hohen Level “Glück, Lebenssinn und Erfüllung” erlebt wird.
Und wie hängen diese 3 (idealtypischen, d. h. tatsächlich fließend ineinander übergehenden) Ebenen des Wohlbefindens zusammen, auch in der Dynamik des eigenen Lebens? Ich denke, die Antwort liegt auf der Hand:
Es ist der Urantrieb zur Entwicklung und zum Wachsen, der allem Lebendigen zugrunde liegt, dieser Urantrieb des “Werdens, wozu man angelegt ist”, des “Werdens, wer man ist”, der die persönliche Entwicklung antreibt und das angelegte Potenzial zu verwirklichen sucht, so gut es eben geht und so weit, wie es die Lebensbedingungen zulassen.
Die Spannbreite von Wohlbefinden und seelischer Gesundheit
Für das Wohlbefinden der Beispiele 1 (Abb.: situatives organismisches Wohlbefinden) sorgt weitgehend der Organismus. In ihm sind diese vielen kleinen Potenziale des Glückserlebens (wie auch des Erlebens von Unglück) bereits angelegt und funktionieren sowohl ohne als auch mit unserem (hedonistischen) Zutun.
Mit der seelischen bzw. (die körperliche und geistige mit einschließenden) ganzheitlichen Gesundheit (Beispiele 2 und 3; Abb.: seelische Gesundheit) machen wir einen großen Schritt nach vorn, nämlich: den Schritt von der beliebigen Situation zum kompletten System, zur lebendigen Ganzheit, die jeder von uns ist. Auch hier ist der Organismus “federführend”, auch hier wirkt der Urantrieb von Wachstum und Entwicklung, aber nicht mehr ohne das verantwortliche und mitentscheidende Zutun unserer bewussten “Ich-Instanz” (Abb.: Achse „Bewusstseinsanteil / freie Wahl). Im Bereich der seelischen Gesundheit gibt es 2 gegenläufige Grundtendenzen:
Der Minimalismus der “Komfortzone”
Die seelische Gesundheit kann natürlich ‒ im Bestreben, “unnötige” Anstrengungen und Beschwerden herunterzudrosseln oder am besten gleich zu vermeiden ‒ auf einem “ausreichenden” Minimal-Niveau gehalten werden und so la la vor sich hinkümmern (“Wie gehts?” ‒ “Ach, weiß nicht, muss halt.”).
Das mag kurzfristig funktionieren und aktuelle Frustrationen fernhalten, ist aber langfristig ‒ und vor allem hinsichtlich der Lebenschance auf Glück und Erfüllung ‒ eine Milchmädchenrechnung: sich hinter einem Schutzwall von Angst und/oder Lethargie “unsichtbar” zu machen, sich mit dem begrenzenden Horizont der persönlichen Komfortzone zufriedenzugeben bedeutet zwangsläufig auch, sich ein Stück weit von seiner eigenen Natur und dieser Urkraft des Wachstums und der Selbstentwicklung abzukoppeln. Sich in seinem Potenzial zum Erleben von Gipfelerfahrungen und Lebensfülle selbst abzubremsen. Im schlimmsten Fall: dauerhaft.
In der Abbildung würde dies mehr oder weniger den Stopp des „biologischen Urantriebs“ vor der Zone „(eudaimonisches) Glück, …“ bedeuten.
Persönliches Wachstum
Die “gesunde” Gegentendenz besteht darin, sich diesem in der eigenen Natur angelegten Urantrieb zur Weiterentwicklung und zum persönlichen Wachstum zu stellen. Diesen großen “Auftrag” des Lebens an uns zu erkennen, bewusst anzunehmen und verantwortlich zu leben (Abb.: das gesamte Spektrum beider Achsen).
Dieser innere, “intrinsische” (= sich selbst motivierende) Antrieb zu Wachstum und Entwicklung ist keiner mit Erfolgsgarantie, jedoch ein 100 % lohnenswerter und aus meiner Sicht letztlich DER konkurrenzlose Weg zu einem guten, gelingenden, glücklichen Leben, zur Erfahrung von Lebenssinn und Erfüllung, zur Entwicklung und zum Erleben von seelischer Gesundheit auf hohem Niveau.
Er ist auch nicht die trügerische Konservierung eines einmal erlebten, glücklich gemacht habenden Zustands, sondern die Entscheidung für eine Reise. Für einen ungewissen und offenen, und gerade deshalb so ungeheuer vitalen und intensiven Prozess des Wachstums. Der nichts so gut brauchen kann wie eine wache und selbstnahe “Ich-Assistenz”, um diesem Prozess die Tür zum eudaimonischen Glück, zu einem reflektierten, authentischen und deshalb: guten Leben, zu lohnenden Zielen als Etappen ganzheitlicher Selbstverwirklichung zu öffnen.
In diesem Sinne sind Glück, Sinn und Erfüllung der seelischen Gesundheit als Potenzial inbegriffen. Es sind die höchsten, beglückendsten und erfüllendsten Verwirklichungsstufen seelischer Gesundheit und ‒ vielleicht sogar die letzten, die “eigentlichen” ‒ Ziele dieses Urantriebs zu Wachstum und Entwicklung.
Diesen Antrieb, diesen Auftrag des Lebens an uns als individuelle, einmalige Verkörperungen eben dieser Urkraft “Leben” können wir vermeiden, verpennen und verschludern. Aber auch als Reiseroute in Richtung Glück, Sinn und Erfüllung im Sinne einer blühenden seelischen Gesundheit verstehen und als Chance ergreifen. Das liegt an uns. An jedem einzelnen von uns. Für sich selbst.
Zusammenfassung
Gleichen wir die verschiedenen Modelle und Konzepte aus den Feldern “Glück, Sinn, Erfüllung” sowie “Seelische Gesundheit” miteinander ab, bietet sich als umfassendes, ohne Einschränkungen integrationsfähiges Modell das “Modell des psychologischen Wohlbefindens” von Carol Ryff an. Und fügen wir die noch fehlenden Schwerpunkte aus den anderen Ansätzen in das Original Ryff-Modell ein, erhalten wir ‒ nun “frei nach Carol Ryff” ‒ den folgenden 6-Bausteine-Set:
Bausteine des Wohlbefindens
- Sich selbst akzeptieren, eine positive Grundeinstellung sich selbst gegenüber
- Warme, vertrauensvolle Beziehungen mit anderen, Empathiefähigkeit, Bindungsfähigkeit
- Autonomie, Selbstbestimmtheit, eigene Werte als Kompass des eigenen Verhaltens
- Selbstwirksamkeit, die aktive Gestaltung der persönlichen Lebensumstände, Bewältigung von Alltagsanforderungen, ‒ Selbstwert
- Sinn im Leben, relevante persönliche Ziele, klares Verständnis des eigenen Lebenssinns
– Stimmigkeit, Schlüssigkeit - Persönliches Wachstum, kontinuierliche persönliche Entwicklung
– Einstellungen: Offenheit für neue Erfahrungen, Optimismus, Humor
– Fähigkeiten: z. B. Selbststeuerung, Emotionssteuerung, Problembewältigung
– Selbstentwicklung und Wachstum:
‒ Bewusstsein, Achtsamkeit, Präsenz im Alltag
‒ Selbstkenntnis, Authentizität, Selbstverwirklichung
‒ Resilienz, Gelassenheit, Weisheit
Stellen wir uns nun diesen Grundzustand des Wohlbefindens auf einer Achse mit zunehmender Intensität und Komplexität vor, so erhalten wir mit zunehmender Intensität eine Reihe von verschiedenen Varianten dieses Zustands: von einem
- einfachen, situationsbedingten “gut drauf sein” oder “gerade etwas Schönes genießen” über das
- generelle Erleben einer stabilen seelischen Gesundheit bis hin zu
- Zuständen gesteigerten Glücks-, Sinn- und Erfüllungserlebens.
Welche Zustände und welche Qualitäten von “Wohlbefinden” wir erfahren, hängt entscheidend von uns, d. h. von unserer Einstellung und freien Entscheidung, von unseren Werten, Zielen und Aktivitäten ab ‒ und letztlich von den Sinnzusammenhängen, in welche wir unser Leben stellen. So haben wir immer die grundlegende Wahl, ob wir
- uns mit einem minimalen, möglichst aufwandsarmen Wohlbefinden innerhalb unserer Komfortzone begnügen
- oder den natürlichen Antrieb zur Weiterentwicklung und zum persönlichem Wachstum (einschließlich der damit verbundenen Schmerzen, Krisen und Anstrengungen) bewusst annehmen, um persönliches Wohlbefinden bzw. seelische Gesundheit auf dem hohen Level von eudaimonischem Glück, Sinn und Erfüllung zu erleben.
Einen Überblick über praktische Ansätze und Methoden findest du im abschließenden Teil dieser Serie #4 Persönlichkeitsentwicklung und persönliches Wachstum – praktische Ansätze in Psychologie und Psychotherapie. Und eine neu entwickelte Selbstführungsmethode.
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